Eines der einschneidensten und vielsagendsten Erlebnisse in Dan Lyons' autobiografischem Buch über sein Jahr als Mitarbeiter in einem Startup-Unternehmen war der Moment, als die junge Rezeptionistin den neu eingestellten 52-jährigen Lyon ansah und sagte, sie freue sich, dass endlich mal ältere Leute eingestellt würden. Ups.
Als Mitarbeiter mittleren Alters in einem Silicon-Valley-Startup werde ich oftmals mit der Tatsache konfrontiert, dass ich Seite an Seite mit Leuten arbeite, die genau halb so alt sind wie ich (oder sogar noch jünger). Aber was, wenn ich plötzlich entlassen werden würde und in meinem Alter noch nach einem neuen Job suchen müsste? Einige Freunde haben genau das erlebt und sagen, dass es ein harter Schlag für das Ego sei, dann nochmal auf Jobsuche gehen zu müssen - vor allem, wenn man die 40 überschritten hat.
"In unserem Land herrscht eine Jugendkultur, in der jünger besser ist als älter", sagt Thomas Osborne, Senioranwalt für die AARP Foundation.
Und nirgendwo ist das so klar wie in den Technologie-Unternehmen unseres Landes. Ein Paradebeispiel: Während ich diesen Artikel schreibe, liegen gegen Facebook zwei Klagen wegen Altersdiskriminierung vor. Beide Klagen weisen als Beispiel für die dem Unternehmen anhaftenden Altersvorurteile auf eine Ansprache hin, die Mark Zuckerberg (CEO von Facebook) im Jahr 2007 beim Y Combinator Startup School Event gehalten hat:
"Ich möchte betonen, wie wichtig es ist, jung und fachlich versiert zu sein... Junge Menschen sind einfach schlauer. Warum sind die meisten Schachmeister noch keine 30 Jahre alt?... Ich weiß es nicht... Junge Menschen haben eben einfachere Leben."
Es ist so, wie Dan Lyons es in einem Kommentar im Observer schreibt: "Einstellungs- und Entlassungsentscheidungen vom Alter abhängig zu machen ist illegal, Altersdiskriminierung ist in der Technikbranche jedoch weit verbreitet - alle wissen das und alle scheinen es zu akzeptieren."
Aber Altersdiskriminierung und Sexismus am Arbeitsplatz sind die Realität - und auch wenn Sie Ihre im Alter vorangeschrittenen Kolleginnen vielleicht nicht mögen: sie sind es, die Ihnen den Weg bereitet haben.
— Katie (@kedixo) 19. September 2017
Altersdiskriminierung ist gesetzeswidrig
Gemäß der U.S. Equal Employment Opportunity Commission (EEOC) gehört es zur Altersdiskriminierung, wenn ein Bewerber oder Mitarbeiter aufgrund seines Alters schlechter behandelt wird.
In den Vereinigten Staaten gibt es seit 50 Jahren ein Gesetz, den Age Discrimination in Employment Act (ADEA), der Altersdiskriminierung gegen Menschen verbietet, die 40 Jahre und älter sind.
Dieses diskriminierende Verhalten kann Folgendes einschließen:
- aufgrund des Alters nicht eingestellt zu werden
- aufgrund des Alters eine Beförderung oder Gehaltserhöhung nicht zu erhalten
- aufgrund des Alters eine Schulung oder den Zugang zu Möglichkeiten der beruflichen Weiterentwicklung verweigert zu bekommen
- aufgrund des Alters entlassen oder fristlos gekündigt zu werden
Bei der Aussage "Sie sind für diese Position überqualifiziert. Wir glauben nicht, dass Sie damit glücklich werden würden" handelt es sich de facto um Altersdiskriminierung.
— Kent Beck (@KentBeck) 10. Oktober 2017
Altersdiskriminierung in Zahlen
Schauen Sie sich die Statistiken an, um zu erfahren, wie weit verbreitet dieses Problem ist.
Im ersten vollen Jahr, in dem die EEOC damit beauftragt wurde, den "Age Discrimination in Employment Act" durchzusetzen, erhielt sie ungefähr 1.000 Klagen. Mittlerweile erhält sie jedoch ca. 20.000 Klagen pro Jahr.
Gemäß einer Umfrage der AARP aus dem Jahre 2013 sagen 64 % der Mitarbeiter (fast 2 von 3 Leuten), dass sie Altersdiskriminierung an ihrem Arbeitsplatz erlebt oder beobachtet haben.
Die gleiche Studie ergab, dass 16 % der älteren Mitarbeiter "Altersdiskriminierung" als Hauptgrund für ihr mangelndes Selbstvertrauen angeben, sich für einen neuen Job zu bewerben.
Eine 2016 von Volkswirtschaftlern der University of California, Irvine, durchgeführte Studie fand konkrete Beweise dafür, dass es für ältere Mitarbeiter schwieriger ist, neu eingestellt zu werden. Sie versendeten 40.000 Lebensläufe für Tausende von echten Jobangeboten. Für jede Position wurden drei identische Lebensläufe eingesendet, der einzige Unterschied war das Alter: einmal jung, einmal mittleres Alter und einmal älter. Die Ergebnisse sehen Sie in der Graphik:
Die Studie kam zu dem Schluss:
- Bei der Einstellung von Mitarbeitern gibt es eine geschlechtsunabhängige Altersdiskriminierung.
- Kandidaten, die sich dem Renteneintrittsalter nähern, erleben mehr Altersdiskriminierung als solche mittleren Alters.
- Frauen erfahren mehr Altersdiskriminierung als Männer.
Wissen Sie, wann ich mich alt und unbedeutend fühle? Wenn ich nach zwei Jahren Home Office nach einem neuen Job suche. - Ist das zu fassen?
— Hope Denney (@HopeDenney2) 10. November 2016
Altersdiskriminierung frontal angreifen
Ja, es ist eine Tatsache: Tagtäglich haben Menschen mit Altersdiskriminierung am Arbeitsplatz zu kämpfen.
Welche Maßnahmen können Sie als Führungskraft in Ihrem Unternehmen ergreifen, um dieser Art der Diskriminierung vorzubeugen? Und was kann Ihr Unternehmen tun, um seinen Ruf als Arbeitgeber für Talente aller Altersklassen zu fördern?
Hier einige Tipps:
1. Ändern Sie die Formulierungen in Ihren Stellenbeschreibungen
Löschen Sie solche Angaben, die darauf hinweisen, dass ideale Kandidaten "8 - 10 Jahre Erfahrung mitbringen" oder "vor 2 bis 3 Jahren die Ausbildung beendet" haben. (Dies sind tatsächliche Richtlinien des Tabakunternehmens R.J. Reynold, die ein Gerichtsverfahren nach sich zogen, als ein Personalverantwortlicher über die Einstellungspraktiken des Unternehmens auspackte.)
Gleichermaßen sollten Sie Schlagworte wie "Digital Native", "Anpassungsvermögen" oder "energiegeladen" vermeiden, die eher zu einseitigen Ergebnissen führen.
Konzentrieren Sie sich auf Qualifikationen, statt in die Falle zu geraten einfach nur jemand zu suchen, der zur "Unternehmenskultur passt". Welche Arbeit wird der Kandidat wirklich leisten, wenn er einmal eingestellt ist? Welche Fähigkeiten benötigt er, um Projekte voranzutreiben?
2. Bieten Sie Schulungen rund um das Thema Altersdiskriminierung
Gehen Sie das Problem an, indem Sie bei Menschen das Bewusstsein für die Existenz solcher Voreingenommenheiten wecken. Genauso wie Sie Schulungen zu Geschlechterdiskriminierung abhalten, können Sie dies in Ihrem Unternehmen auch für Altersdiskriminierung tun. Schließlich ist Vorbeugung bei weitem besser als das Risiko eines Gerichtsverfahrens.
3. Bieten Sie Technik-/Tool-Schulungen für alle an
Gehen Sie niemals davon aus, dass Mitarbeiter mit der Nutzung Ihrer Tools vertraut sind. Bieten Sie für sämtliche Technologien und Tools Schulungen an, die in Ihrem Unternehmen für die Erledigung von Arbeit verwendet werden. Solche Schulungen sollten für neue Mitarbeiter obligatorisch sein. Geben Sie Mitarbeitern jedoch auch die Möglichkeit, ihre Kenntnisse über Best Practices aufzufrischen und nützliche Tipps und Tricks für ihre Arbeitstools zu lernen.
Wehren sich Mitarbeiter dagegen, etwas Neues zu lernen, dann nutzen Sie Change-Management-Methoden, um sie ins Boot zu holen.
4. Schaffen Sie (neue) Karrierewege
Haben Ihre Mitarbeiter einen klaren Karriereweg, den sie verfolgen können? Arbeiten Sie diesen klar heraus, vor allem wenn Ihr Startup größer wird und Ihr Unternehmen sich weiterentwickelt.
Falls ältere Mitarbeiter das Ende ihres Karriereweges erreicht haben, dann schaffen Sie neue Wege und erweitern Sie das Organigramm. Finden Sie eine Möglichkeit, wie sich diese Mitarbeiter auch nach langjähriger Beschäftigung in Ihrem Unternehmen beruflich weiterentwickeln und weiter Fortschritte machen können.
5. Zeigen Sie Einfühlungsvermögen
Als Führungskraft sollten Sie Ihre Mitarbeiter ermutigen. Eine der einfachsten Möglichkeiten ist es, ihnen eine helfende Hand hinzuhalten.
Wenn ein etwas reiferer Mitarbeiter mit seiner Leistung zu kämpfen hat, dann sprechen Sie mit ihm. Konzentrieren Sie sich auf die Fakten (dass die Leistung nachlässt, Ergebnisse im Verzug sind usw.), aber fragen Sie auch, wie Sie dabei helfen können, dies zu verbessern. Vielleicht stellt sich heraus, dass sie einfach nur Probleme damit haben, das neu eingeführte Tool zu beherrschen.
Indem Sie Ihre Hilfe anbieten, steigern Sie die Moral und verhindern später einmal Diskriminierungsklagen.
Altersdiskriminierung geht uns alle an
Kurz gesagt ist Altersdiskriminierung überall auf der Welt für einen Großteil der arbeitenden Bevölkerung eine absolute Realität. Es liegt an Ihnen als Führungskraft, sich dies bewusst zu machen und eine Unternehmenskultur zu verbreiten, die keinen Platz für Vorurteile gegenüber älteren Mitarbeitern zulässt.
Denn an dem Tag, an dem Sie selbst sich dem Rentenalter nähern, werden Sie hoffen, dass Arbeit für Sie vorhanden ist, die zu Ihnen mit Ihren hart erarbeiteten Kenntnissen und hochspezialisierten Fähigkeiten passt.
Im folgenden Video sehen Sie den Twitter-Nutzer Steve Mitchell (@ingostudios) mit ein paar weisen Abschiedsworten:
#Truth about #agediscrimination @AARP @AARPadvocates @AARPCares @USEEOC @EEOC_OFO @AARPpolicy pic.twitter.com/Z6WBnWa72W
— Steve Mitchell (@ingostudios) 13. Oktober 2017
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