Stephen ist Ingenieur bei einer großen Softwarefirma und arbeitet in deren Büro in San Francisco.
Er beschäftigt sich mit einem anspruchsvollen neuen Projekt und er weiß, dass seine Kollegen in den Büros in Sydney bereits etwas ähnliches gemacht haben. Er plant einen Videochat mit einigen ausgewählten Mitgliedern des Sydney-Teams und hofft, von ihrem Wissen und ihrer Erfahrung profitieren zu können. Als Termin legt er 13:00 Uhr seiner Zeit fest und sendet eine Kalender-Einladung an alle Beteiligten.
Eines hat Stephen aber nicht bedacht: Die Besprechungszeit, die ideal in seinen Tagesplan passt, bedeutet 6:00 Uhr morgens für seine Kollegen in Sydney. Unterschiedliche Zeitzonen bereiten oft große Kopfschmerzen – sie sind aber nur die Spitze des Eisbergs all jener Hürden, die bei der Zusammenarbeit mit internationalen Teams überwunden werden müssen.
Untersuchungen der U.S. Civil Engineering Research Foundation zeigten, dass es in ihren Teams eher zu schlechter Kommunikation, Unklarheiten und langwierigen Entscheidungsfindung kam, wenn sie sich nicht zusammen an einem Ort befanden.
Unabhängig davon, ob ihr Team remote verteilt ist oder sich die Mitarbeiter in verschiedenen Büros rund um den Globus befinden, internationale Zusammenarbeit bringt sprachliche, kulturelle und physische Barrieren mit sich. Unbeabsichtigt kann es durch diese Unterschiede zu Missverständnissen, Verwirrung und verärgerten Kollegen kommen.
Was kann man machen, um solche Szenarien zu vermeiden und effektiv mit internationalen Teams zusammen zu arbeiten? Hier sind einige Tipps, die helfen, die Zusammenarbeit viel einfacher zu machen – auch wenn man Tausende von Kilometern voneinander entfernt ist.
1. Kulturelle Normen verstehen
Obwohl die Arbeit mit weltweit verteilten Teams definitiv eine Herausforderung darstellt, sollte man das nicht als Nachteil ansehen. Stattdessen ist es eine Gelegenheit, mehr über andere Kulturen zu lernen, eine neue Perspektive zu gewinnen und eine größere Wertschätzung für ihr Team (und die Welt!) zu gewinnen.
Am besten beginnt man damit, dass man die verschiedenen Kulturen kennen lernt, aus denen Ihr eigenes Team besteht. Die Kulturen und die Normen, mit denen wir aufwachsen, haben eine große Auswirkung darauf, wie wir die Welt um uns herum betrachten – sowohl im persönlichen als auch im beruflichen Bereich.
Die Niederländer beispielsweise schätzen einen Teamleiter, der auf den Punkt kommt. Sie wollen niemanden, der um den heißen Brei herum redet, sondern bevorzugen Manager, die ehrlich und offen auf den Punkt kommen. Im Gegensatz dazu erwarten die Menschen in Schweden, dass Führungskräfte einfühlsam kommunizieren und Gespräche freundlich halten.
Es gibt auch einige wichtige Unterschiede zwischen individualistischen und kollektivistischen Gesellschaften, die sich darauf auswirken, mit welchen Ansätzen die Menschen auf ihre Arbeit und ihre Kollegen zugehen.
„Menschen in individualistischen Gesellschaften wie den Vereinigten Staaten, Australien, Neuseeland, Südafrika und den meisten nord- und westeuropäischen Länder neigen dazu, individuelle Rechte wie Freiheit, Privatsphäre und Autonomie zu betonen“, sagt Florence Liu in einem Oxford Research Encyclopedias Artikel über Kommunikationsstile. „Sie neigen dazu, sich selbst als einzigartig und besonders zu betrachten und können ihre individuellen Gedanken, Meinungen und Gefühle frei zum Ausdruck zu bringen.“
Menschen in kollektivistischen Gesellschaften wie den meisten lateinamerikanischen, afrikanischen und asiatischen Ländern und dem Mittleren Osten sehen sich viel mehr miteinander verbunden. Sie fühlen sich verantwortlich für andere Mitglieder der Gruppe.
Wenn man diese unterschiedlichen Betrachtungsweisen versteht, kann es die Kommunikation in internationalen Teams beeinflussen. Also heißt es: Ärmel hochkrempeln und die Verschiedenheiten unterschiedlicher Kulturen erforschen. Wo findet man solche Informationen? Es gibt viele Quellen, einschließlich:
- Studien und Forschungsartikel (wie in diesem Artikel zitiert)
- Online-Foren und Communities
- Reiseführer (oft geben sie Anhaltspunkte über kulturelle Umgangsformen und Normen)
- Die eigenen Teammitglieder
Insider-Tipp: Eine einfache (und spaßige!) Möglichkeit, mehr über die eigenen kulturellen Unterschiede zu erfahren, besteht darin, die Teammitglieder zu ermuntern, Geschichten und Erfahrungen miteinander zu teilen. Fotos, Rezepte und interessante Fakten an andere weiterzugeben ist eine tolle Möglichkeit, mehr über die anderen Kulturen zu lernen und gleichzeitig die Kameradschaft zu fördern.
2. Auf das Timing achten
Mit mehreren unterschiedlichen Zeitzonen umgehen zu müssen, ist eine der größten logistischen Herausforderungen bei der globalen Zusammenarbeit. Dabei reicht schon ein wenig bewusste Anstrengung, um sicherzustellen, dass das gesamte Team immer auf dem gleichen Stand ist:
Wenn Sie Meetings planen...
Sofern Sie nicht gerade ein Wunderkind sind, das erfolgreich mit acht verschiedenen Zeitzonen im Gehirn jonglieren kann, hilft Ihnen ein Konferenzplaner dabei, Meetings zu planen, die für alle Beteiligten zeitlich angenehm sind.
Mit diesem Tool können Sie bequem Ihre eigene Zeitzone eingeben und sehen, welche Uhrzeit es bei einem Teammitglied ist, das sich auf der anderen Seite der Welt befindet – ohne mit den Fingern zählen zu müssen.
Außerdem sollten Sie beachten, dass die 40-Stunden-Woche kein weltweiter Standard ist. Beispielsweise hat die Regierung in Frankreich eine 35-Stunden-Woche eingeführt. Gehen Sie, unabhängig von den Zeitzonen, nicht davon aus, dass jeder dieselben Arbeitszeiten wie Sie hat.
Insider-Tipp: Denken Sie außerdem an nationale Feiertage: Eventuell gibt es heute in Ihrem Land nichts Besonderes zu feiern – aber in einem andern Land feiert ein Teammitglied selbstverständlich einen gesetzlichen Feiertag.
Erstellen Sie einen Master-Kalender für Ihr gesamtes Team, in den Sie die Feiertage der jeweiligen Regionen eintragen – und dementsprechend, welche Teams, Büros oder Mitarbeiter an jenen Tagen nicht zur Verfügung stehen.
Wenn Sie Termine festlegen...
Es gibt noch eine weitere kleine Hürde, die Zeitmanagement auf internationaler Ebene erschwert: Nicht jede Kultur hat die gleich Zeitwahrnehmung.
In Ländern wie Indien, China und Kenia betrachtet man die Zeit als flexibel. Menschen in diesen Regionen neigen zu der Auffassung, dass es stets genug Spielraum geben muss, um Veränderungen zu berücksichtigen. Der Schwerpunkt liegt auf Anpassungsfähigkeit, statt auf strengen Zeitplänen und rigider Organisation.
In Ländern wie Deutschland, der Schweiz und Japan ist die Zeit sehr viel linearer. Diese Menschen legen Wert darauf, einen Zeitplan und Termine einzuhalten – egal was kommt.
Können Sie sehen, wie sich daraus Konflikte ergeben können?
Es ist immer wichtig, Deadlines festzulegen – aber ganz besonders, wenn es um internationale Teammitglieder geht. Machen Sie deutlich, welcher Abschlusstermin für ein Projekt wirklich gilt (und bauen Sie einen kleinen Puffer mit ein, nur für den Fall), um sicherzustellen, dass jeder die benötigten Dinge pünktlich erhält.
Dies ist einer der vielen Gründe, warum eine Projektmanagement-Lösung (wie zum Beispiel Wrike) so vorteilhaft sein kann. Jeder im Team kann dann die genauen Termine für bestimmte Aufgaben sehen.
3. Die Bedeutung der Kommunikation hervorheben
Internationale Teams genießen nicht den Luxus, etwas beiläufig erwähnen zu können oder lockere Gespräche bei einer Tasse Kaffee im Pausenraum zu führen, deshalb sollte effektive Kommunikation ganz oben auf Ihrer Prioritätenliste stehen.
Kulturelle Normen und Erziehungen haben einen großen Einfluss darauf, wie unterschiedliche Empfindungen wahrgenommen werden, daher ist hier Vorsicht geboten.
Humor ist ein gutes Beispiel. Eine Studie offenbarte, dass Menschen in östlichen Kulturen (insbesondere China) gegenüber Humor weniger tolerant sind. Sie neigen zu der Auffassung, dass das den Komikern überlassen werden sollte. Für Menschen aus westlichen Kulturen (die Studie wurde speziell auf Kanada ausgerichtet) ist Humor dagegen eine normale und sogar bewundernswerte Eigenschaft, die zwischenmenschliche Beziehungen verbessert.
Feedback ist ein weiterer Bereich, in dem es zu Spannungen kommen kann. „Der chinesische Manager lernt, nie einen Kollegen offen oder vor anderen zu kritisieren, der holländische Manager lernt dagegen, stets ehrlich zu sein und seine Botschaft direkt zu geben“, erklärt Erin Meyer in einem Beitrag für die Harvard Business Review. „Amerikaner werden geschult, negative Mitteilungen in positive zu verpacken, während Franzosen lernen, leidenschaftlich zu kritisieren und mit positivem Feedback sparsam umzugehen.“
Werfen Sie einen Blick auf das folgende Diagramm aus der Harvard Business Review, in dem Unterschiede zwischen britischen und niederländischen Kommunikatoren hervorgehoben werden, um zu zeigen, wie sogar scheinbar harmlose Sätze falsch ausgelegt werden können, wenn kulturelle Unterschiede im Spiel sind:
Schaffen Sie den Präzedenzfall, dass Ihr Team so klar wie möglich kommunizieren und dabei Fachbegriffe, Akronyme oder andere leicht missverstandene Sprache weitestgehend vermeiden sollte.
Bei der Kommunikation mit internationalen Teams hilft auch der Einsatz vieler visueller Hilfsmittel (Diagramme, Infografiken oder sogar Video-Demonstrationen). Durch visuelle Informationen wird Ihr Gedanke effizienter und effektiver übermittelt. Sogar ein gut platziertes Emoji hilft, dass Ihre Nachricht so aufgenommen wird, wie Sie es beabsichtigt haben! ?
Sie werden kein perfekter Kommunikator sein (keiner von uns ist das), aber indem man sich Mühe gibt, vermittelt man jedem Teammitglied, dass es gehört, geschätzt und respektiert wird.
Insider-Tipp: Wenn Sie einen neuen Mitarbeiter an Bord nehmen, bitten Sie ihn, eine Umfrage auszufüllen, um mitzuteilen, wie diese Person gerne Feedback erhält und welche Kommunikationswege mit anderen Teammitgliedern bevorzugt werden. Dokumentieren Sie diese Gedanken so, dass sie jedem Teammitglied zugänglich sind, als „Benutzeranleitung“ dafür, wie erfolgreich mit anderen Teammitgliedern zusammengearbeitet werden kann.
Teamwork kennt keine Grenzen: Konzentrieren Sie sich auf das, was verbindet
Die Vielfalt im eigenen Team zu zelebrieren ist klasse! Sind Teammitglieder aber weltweit verteilt, besteht leicht die Gefahr, in eine „wir gegen sie“ Mentalität zu verfallen. Natürlich werden die Mitarbeiter im Londoner Büro mehr miteinander verbunden sein als mit den Kollegen in Hongkong und umgekehrt.
Um dagegen anzugehen, sollten Sie ständig die Gemeinsamkeiten hervorheben. Obwohl man sich an unterschiedlichen Orten befindet, haben doch alle gemeinsame Ziele, die sie erreichen wollen, und Herausforderungen, die sie überwinden müssen.
Diese gemeinsamen Punkte hervorzuheben fördert eine Team-zentrierte Mentalität innerhalb des gesamten Unternehmens: Global oder nicht, wir sitzen gemeinsam in einem Boot.
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